Das deutsche Kommando- und Wachpersonal

 

Major Dr. Hermann Bormann, bis 1939 Schulleiter der Jakob-Grimm-Schule (ab 1934), hatte bis Mai 1944 das Kommando über das Rotenburger Offiziersgefangenenlager OFLAG IX A/Z (bis Juni 1940 als OFLAG IX C bezeichnet). Sein Dienstsitz war im Schloss, die Wohnung im Lehrerwohnhaus unmittelbar neben der Jakob-Grimm-Schule konnte er aber beibehalten. Leutnant Peter Conder erlebte ihn als „anglophilen Zeitgenossen, der den Respekt und die Bewunderung der Gefangenen erworben hatte.“  In den Tagebüchern und Berichten von Gefangenen wird kaum von „Major“ Bormann gesprochen, sondern liebevoll von „Daddy“ Bormann. Einige besuchten ihn nach dem Krieg. Im August 1934 war Bormann förderndes Mitglied der SS geworden, deshalb konnte er nach Kriegsende nicht in den Schuldienst zurückkehren.

Porträtfoto Bormann: oben 1. v. links, auf dem Gruppenfoto oben ist er der 2. von links (in der 1. Reihe).

 

Oberstleutnant Rudolf Brix wurde im Juni 1944 Chef des OFLAG IX A/Z. Er übte sein Amt bis zum 13. April 1945 aus, dem letzten Tag des Evakuierungsmarsches, der auf dem Gut Wimmelburg (bei Eisleben) endete. Es ist denkbar, dass Brix den Trupp nach hier führte, weil sich in Wimmelburg die Familie eines befreundeten, inzwischen verstorbenen  Regimentskameraden aus dem Ersten Weltkrieg aufhielt. Brix stammte aus Hannover, im Ersten Weltkrieg diente er in der Kavallerie. Bei der Olympiade 1936 war er für das deutsche Reiterteam verantwortlich. Nach Fronteinsätzen in Frankreich und Russland erhielt er 1942 seine Beförderung zum Oberstleutnant. Nach Aussagen ehemaliger Gefangener war Brix stets bemüht, seinen Dienstauftrag konsequent zu erfüllen. Schuldhaftes Verhalten wurde ihm nicht vorgeworfen. Er hatte das Lager zu einem Zeitpunkt übernommen, als das „Tausendjährige Reich“ bereits im Zusammenbrechen war. Nach Kriegsende war er in Allendorf (Wohra) interniert. Es kam aber zu keiner Verurteilung, weder durch ein alliiertes noch durch ein deutsches Tribunal. Brix wohnte nach dem Krieg in der Rotenburger Borngasse.

Porträtfoto Brix: oben, 2. von links.

 

Stabsarzt Dr. med. Hehenkampf war mit der ärztlichen Betreuung beauftragt. Zusammen mit seiner Assistentin war er auch auf dem Evakuierungsmarsch März/April 1945 mit dabei. Unter den Gefangenen befanden sich einige Ärzte, sodass von einer guten medizinischen Versorgung gesprochen werden kann. Das Foto oben Mitte zeigt Dr. Hehenkampf mit seiner Assistentin Wiegand (rechts) und einer weiteren Helferin (links).

 

 Hauptmann Graf von Seckendorf befehligte die ca. 30 Wachen des Gefangenenlagers in der JGS. Mit Ausnahme der Erinnerungen des britischen Leutnants Stuart Chant-Sempill ist kaum etwas über ihn bekannt: Er war „der älteste von allen […], der ,Tod auf Rädern‘ genannt wurde – weil er sich wie ein Segelflugzeug vor uns bewegte, wenn er die Zählung beim Lagerappell vornahm. […] Er zeigte einen merkwürdigen Respekt gegenüber Titeln. Wenn er an den aufgereihten Offizieren vorbeischritt, die vor ihm in Fünferreihen angetreten waren, und zum Viscount Tarbat kam, sagte er gewöhnlich ,Guten Morgen‘. Gegenüber dem etwa ein Dutzend Offizieren, die Adelstitel hatten, zeigte er diesen Respekt im Hinblick auf ihre Vorfahren; dies geschah zur großen Belustigung von uns übrigen.“

Auf dem Gruppenfoto oben ist Seckendorf der 1. v. links.

 

Hauptmann Prosper Heyl fungierte als Sicherheitsoffizier. In dieser Funktion geriet er mehrfach in Konflikt mit den britischen Offizieren, hauptsächlich mit jenen Gefangenen, die gelegentlich die Lagerordnung ignorierten. Im Januar 1946 konnte er sich im berüchtigten Londoner Verhörzentrum Cage erfolgreich gegen eine Anklage wegen Kriegsverbrechen wehren, die sich in erster Linie auf Anschuldigungen wegen Misshandlungen beim Evakuierungsmarsch bezogen - und auf Verhörmethoden gegenüber den Offizieren, die im Juli 1944 aus dem Rotenburger Lager geflüchtet waren.

 

Ganz rechts in der Gruppe der Offiziere steht Leutnant Wolf, nach dem Krieg wurde er Leiter der Zivilverwaltung der Bundeswehrkaserne in Rotenburg.

 

 Heinrich Sultan war von 1939 bis 1945 als Lagerfeldwebel das "Mädchen für alles". Im Januar 1946 übernahm er die Stelle des Hausmeisters der dann wieder als allgemeinbildende Lehranstalt genutzten Jakob-Grimm-Schule. Heinrich Sultan lieferte 1966 einen ausführlichen, sehr persönlichen Bericht über die JGS in den Jahren 1939 bis 1945.

Die Fotos in der 2. Reihe zeigen ihn als Lagerfeldwebel, rechts als Privatperson.

 

Archivalische Quellen zum deutschen Kommando- und Wachpersonal, das vom Landesschützenbataillon 631 gestellt wurde, fehlen fast vollständig.


Hier die Namen derer, die zusätzlich zu den oben Gennannten bekannt wurden:

Hauptmann Schwekowsky, Hauptmann Wiegand, Oberfeldwebel Müller, die Unteroffiziere Altmann, Rausch, Runge, Schmitt und Schleicher sowie Obergefreiter Erhard.

 

 Die Gruppenfotos rechts zeigen einen Teil der Wachmannschaft vor der Jakob-Grimm-Schule und während des Evakuierungsmarsches 1945.

 

2. Reihe oben links: Oberst K. Schrader, der Hauptverantwortliche für die Offiziersgefangenenlager in Rotenburg und Spangenberg, wo er seinen Dienstsitz hatte.